Unser Essen während der Flucht - Mullivaikkal

Schlagartig hat unsere Flucht begonnen. Es bestand die Gefahr, dass die Armee durch Aanaiyaraivu, Kilinochchi, Paranthan, Dharmapuram und Visuvamadu auch hier aufkreuzen konnte, daher hatten wir bereits früh zwei Stofftaschen vorbereitet. Um bei jeglicher Situation spontan und schnell mit den notwendigsten Sachen zu flüchten. In der ersten Tasche waren für jedermann wichtige Dokumente, wie zum Beispiel Zertifikate und Dokumente. In der zweiten Tasche waren unsere zwei paar Wechselklamotten. Da wir schon etliche Male geflüchtet sind, sind wir mittleiweile etwas eingespielter. Die Kriegsbedingungen als auch die allgemeine Kriegssituation war sehr schlecht. Unser Haus befand sich in der Näher der Hauptstraße von Paranthan-Mullai. Die Straßen waren überfüllt, da die Flüchtlinge aus Visuvamadu sowohl zu Fuß als auch mit Fortbewegungsmitteln unterwegs waren. Vor ca. zwei Tagen hatte Mama die Stofftaschen gepackt.

Zwei Bomben sind gefallen, jedoch haben diese nicht unser Gebiet getroffen. Deswegen waren wir etwas sorglos. Die Sachen, welche in der zweiten Tasche waren, sind rausgeflogen. Ein paar Dokumente, die wir in der anderen Tasche verstaut hatten, liegen jetzt auf dem Tisch.

Papa ging am vierten Morgen zum Wochenmarkt und Mama bereitete das Essen vor. Plötzlich hat die sri-lankische Regierungstruppe zwei Bomben an der Hauptstraße geworfen. In der Nähe vom Teich, dieser ist ca. 3 km von uns entfernt, waren Schüsse zu hören. Anhand der Lautstärkte der Schüsse und der geschätzten Entfernung hatten wir die Vermutung, dass die sri-lankischen Regierungstruppen immer näherkamen. Zudem hat es durchgehend geregnet. Das Wasser reichte uns bis zu den Knien, aber trotzdem haben wir uns in einem von uns selbst errichteten Bunker versteckt. Da die Bomben viele Bäume trafen, hörte man die Äste fallen. Die Baumkronen der Kokosnusspalmen sind beschädigt worden. Auch unser Haus war von allen Seiten beschädigt worden. Nach jedem einzelnen Bombenwurf, waren normalerweise immer kleine Pausen. Aber heute gab es keine Pausen und es ging durchgehend weiter. Zwei Stunden lang, wurden an den zwei Straßen in halber Fuß länge mit einer Bombe geschossen. Letztendlich nach den zwei Stunden voller Bombenangriffe gab es eine kleine Pause. Mama hat rapide den Bunker verlassen. Sie nahm schnell noch die Kleidung und die fehlenden Dokumente vom Tisch. Papa ist immer noch nicht zurück. Ich hatte so schnelles herzrasen. Mein Herz ist mir in die Hose gefallen.

Nach ca. 10 Minuten kam Papa, sein Hemd war voller Blut. Wir wussten nicht was passiert ist und er war auch nicht in der Lage uns davon zu berichten. Er nahm uns mit zum Hintereingang des Hauses – wir müssen flüchten. Es war immer noch am Regnen. Jeder versteckte sich vor Angst, vor den Bomben und Pistolenschüssen, s hinter den Kokospalmen und in den Bunkern, auch unsere Familie. Vier bis Fünf Häuser neben uns, befand sich das Haus unseres Bekannten. Wir brachten uns in deren Bunker in Sicherheit. Den ganzen Tag verbrachten wir im Bunker. An dem Körper unseres Vaters befanden sich abgesplitterte Stücke einer Bombe. Zudem war er durch den Regen sehr nass geworden. Der Familienfreund unseres Vaters befahl ihm, die Tetanus Spritze zu nehmen, damit dies sich nicht zu Infektionen führte. Mein Vater war jedoch gegen diesen Vorschlag. Mein Vater berichtete, weshalb er voller Blut war. Er hat den Menschen, die von Bomben getroffen worden sind als auch den Menschen, die davon gestorben sind, geholfen und diese zum Krankenhaus gebracht. Er berichtete, dass die Situation dort sehr schlimm sei und dass es nicht gerecht wäre, wegen einer Impfung jetzt dort hinzugehen. Wir hatten in der Hand nur zwei Wechselklamotten und paar Dokumente, sonst hatten wir nichts. Die Familie hatte uns Essen bereitgestellt. Es gab Reis und Aubergine.

Am nächsten Tag mussten wir schon fortgehen. Da die Familie ein Erntefeld haben, hatten sie Reis zur Verfügung. Dies nahmen wir natürlich mit. Zudem hatte sie noch viele getrocknete, kleine Kokosnuss Stücke. Wir konnten jedoch nicht die Hauptstraße überqueren. Die Straße war voller toter Menschen, die von der Bombe getroffen wurden sind. Wir mussten eine Abkürzung nehmen und haben dabei Suthantirapuram Kolonie erreicht. In den darauffolgenden nächsten vier Tagen haben wir anschließend Vallipuram erreicht. Danach haben wir etliche Gebiete erreicht und mussten wieder fort und wir sahen tausende Todesopfer. Für die ersten dreißig Tage reichte der Vorrat, den wir mitnahmen. Wir waren insgesamt 8 Personen, wir waren 3 und in deren Familie gab es drei Kinder und zwei Erwachsene. Es war auch eine sehr erstaunliche Sache, in dieser schweren Zeit Essen für uns alle aufzubringen. Papa hat die Gold Armbänder von Mama gegen einen halben Sack Weizenmehl und 10 kg Zucker eingetauscht. Daraufhin am Morgen erhielten wir einen schwarzen Tee ohne Zucker, am Mittag Reis und am Abend haben wir ein halbes Rotti bekommen, welches wir mit Zucker essen konnten. Das war unser tägliches Essen.

An jedem Ort haben wir als Schutz einen Graben errichtet. Als wir von Vallipuram bis hin zu Thevipuram und anschließend bis hin zu Koompaavil gefahren sind, war unser vorrätiges Mehl aufgebraucht. Auch von dem Reis war nicht wirklich viel übrig. Wir müssen einen neuen Weg finden, wie wir alle wieder etwas essen können. Mein Vater und sein Familienfreund, den wir immer Onkel nennen, waren immer verzweifelter und überlegten, was wir tun könnten.

Sich in Schutz bringen vor den Luftangriffen und Bomben, das Weinen der Personen, aber auch der Tod waren für uns Alltag. Unser Bauch knurrte, einerseits wegen Hunger und andererseits aus Angst. Wir sahen ein Haus, wovor viele Reissäcke zu sehen waren. Daraufhin hat mein Vater die Goldkette von meiner Mutter abgenommen. Sie gingen los. Jedoch kamen Papa und Onkel mit leeren Händen zurück. Da wir Flüchtlinge sind, machten diese die Türen nicht auf. Nach vier Tagen, hat jeder immer um 11:00 Uhr und um 17:00 Uhr ein halbes Rotti bekommen. Das wars! Unsere Situation war im Vergleich zu manch anderer echt gut. Viele hatten gar nichts zum Essen.

Onkel brachte einen halben Sack Mehl mit, er hatte sich auf die Suche gemacht und gegen den Armreifen seiner Frau eingetauscht. Die Möglichkeit, Reis zu machen war auch sehr gering. Da wir nur noch wenig Mehl hatten, konnten wir auch keine Speisen wie zum Beispiel Piddu machen. Wir konnten nur Rotti essen. Unsere Mütter kamen auf die Idee, bei der Teigzubereitung einfach Zucker mit hineinzutun, somit konnten wir noch etwas Zucker sparen. Reis war nun jetzt auch leer. Papa und mein Onkel hatten schwerstens damit zu kämpfen, irgendwoher einen halben Sack Reis zu bekommen. Glücklicherweise haben sie einen halben Sack Reis bekommen. Dies war jedoch ungeschälter Reis. Bei diesem Mal musste die Kette meiner Mutter geopfert werden.

Wir sind nun in Raddai Vaikkal angekommen.
In einem Geschäft bekam man 250 g Rote Linsen und 100 g Zucker und alle standen in Schlange. Viele warteten schon seit dem Vortagabend dort. Mein Papa stand täglich auch vor dem Laden in Schlange, um für uns Rote Linsen und Zucker zu holen, jedoch kam er immer mit leeren Händen und Verletzungen zurück. Am dritten Tag, wo er sich auch einen Schlafplatz errichtet hat, kam er am darauffolgenden Tag mit 250 g Rote Linsen und 100 g Zucker zu uns, aber er sah echt schlimm aus. Er erzählte uns, dass eine Bombe die Menschen am Eingang von dem Laden getroffen hat und dass ihm dabei Blut auf sein Hemd gespritzt ist. Er berichtete uns auch traurig, dass auch viele Kleinkinder gestorben sind. Mein Papa entweicht die roten Linsen im Wasser. Meine Mutter hat uns eine, die wir noch nie gesehene Rote Linsen Curry gemacht, welche nicht mehr ein Curry war (eine sehr wässrige Konsistenz). Am Abend hatten wir erneut die Rote Linsen Curry und nicht ein halbes Stück Rotti, sondern nur ein Viertel für alle. Dies war nun unser tägliches Mahl. Wir sind durch viele Orte gefahren und sind dann schließlich bei Mullivaikkal angekommen.

Nun hatten wir nur ein bisschen Reis, was einem Viertel entspricht. Das wars. Meine Mutter war nun verzweifelt, was wir zum Essen machen könnten. Der Sand, welcher brennend heiß geworden ist, die allgemeine Hitze und in den Zelten, zudem noch Leichen in den Zelten nebenan. In dieser Situation zu kochen, war echt gefährlich. Aus diesem Grund haben wir einen bunkerähnlichen Graben errichtet, damit sie kochen können. Früh morgens macht Mama um 11:00 Uhr den Reis und um 11:30 bekamen wir Kanji (Reissuppe), dies war das Mittagessen. Nachmittags um 16:00 gab es Reis mit gebratene “Vidatthal”-Baum Blätter, welche sie in der Nähe pflückte. Das war unser Abendessen. Das war unser alltägliches Essen.

Meine Mutter gab es uns in einem Silber Becher eine Viertel Kanji (Reissuppe) und danach eine Handvoll Reis. Es wurde Kanji und “Vaippan” verteilt. Die Schlange war sehr lang. Ich habe mir auch einen Silber Topf genommen und wollte mir auch was zu essen holen. Plötzlich kam ein Bombenflugzeug. Ich rannte um mein Leben und habe mich bei dem Graben versteckt, aber Gott sei Dank wurde ich nicht verletzt. Was immer auch passiert, werde ich mein Silbertopf nie loslassen, denn morgen muss ich mich wieder anstellen und wenn ich keinen Behälter habe, kann ich mir auch nichts zu essen holen.

Nun sind auch unsere Verwandten bei uns angekommen. Von denen haben fünf Frauen noch Babys in der Hand. Diese Kinder waren erst ungefähr 4-5 Monate alt. Für die Kleinen hatten wir leider keine Milchpulver. Zudem hatten die Kinder keine nährreiche Nahrung, die Frauen konnten nicht stillen, da sie selbst keine Energie hatten. Mir taten alle Kinder und die Mütter wahnsinnig leid, ich habe gehört, dass an einer Ecke Milchpulver ausgehändigt wird und somit machte ich mich auf den Weg, für die Babys Milchpulver zu holen. Jedoch kam ich immer mit leeren Händen zurück. Beim Warten in langen Schlangen gab es meist immer einen Luftangriff, wodurch auch sehr viele Menschen starben, aber am nächsten Tag standen die überlebenden Leute trotzdem in Schlange. Am vierten Tag, bin ich erneut losgegangen um das Milchpulver zu holen, dann kam ein Luftangriff, viele Menschen sind verletzt worden und viele Menschen sind dabei gestorben. Auch am nächsten Tag bin ich losgegangen und ich hatte Erfolg, ich habe Milchpulver erhalten.

Ich komme zurück und keiner war mehr dort, alles war verwüstet! Ich hatte Angst und war verwirrt. Ich habe überall nachgeschaut aber niemanden gefunden. ”Wo sind die denn?!?!” dachte ich mir. Neben mir war ein älterer Herr. Ich habe ihn gefragt, wo meine Familie ist. Er antwortete daraufhin, dass in dem Zelt, wo meine Familie war, eine Bombe gefallen sei, zwei der Personen seien verletzt aber zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Deine Familie müsse oben auf dem Hügel sein, da wo ein Zelt ist. Ich bin schnell zu meiner Familie vereint. Meine Tante hatte eine Kopfverletzung und mein Cousin wurde am Bein verletzt. Um das Blut zu stoppen, haben sie die Verletzung mit kölnischem Wasser desinfiziert und mit einem Tuch festgebunden.

Wir hatten nichts mehr zum Essen. Die kleinen Babys hatten Hunger und schrien daraufhin sehr laut. Am nächsten Tag hat meine Mutter ihre goldene Kette (Thali) abgenommen und Papa aufgefordert, etwas zu Essen zu holen. Am Abend kam er mit bisschen Linsen und eine Kokosnuss, damit machte meine Mama ein leckeres Linsen Curry. Mein Vater hat die Kokosnuss in kleine Teile zerteilt und jedem von uns ein kleines Stück gegeben. Die Linsen Curry wurde am Herd gekocht. Unsere Blicke, waren nur um den Herd herum. Wir warteten und warteten eifrig darauf, wann es fertig sein würde, um es zu verzehren. Plötzlich schrien alle “die Armee kommt! die Armee kommt! “.

Mein Papa wollte nachschauen, ob die Luft wieder sicher ist und streckte seinen Kopf aus dem Bunker. Die Bürger hatten recht. Weit entfernt sah man die Köpfe der Armee. Mein Papa war trotzdem ruhig und gelassen. Das Feuer im Herd ist ausgegangen. Es ist schon eine halbe Stunde vergangen. Die Wege waren überfüllt voller Menschen. Mein Papa kam langsam aus dem Bunker heraus. Er hat uns aufgefordert, im Bunker zu bleiben und er überprüfte die aktuelle Lage. In den hinteren Flussgebieten hörte man immer lauter werdende Schüsse. Wir kamen auch aus dem Bunker heraus. Wir gingen mit der Menschenmenge weiter. Der Topf mit Linsen Curry ist zersprengt. Seit zwei Tagen haben wir nichts gegessen und der Magen von uns allen knurrte laut und unser Körper plagte voller Angst …

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